Angststörung: Wenn das Leben zur Hölle wird.

Im Grunde genommen handelt es sich bei Angst um eine Emotion, die eine wichtige Schutzfunktion für den Menschen hat. Schließlich schützt Angst den Menschen vor bedrohlichen Situationen, sodass im günstigsten Fall die körperliche Unversehrtheit gewährleistet bleibt. Jedoch können die Angstgefühle auch krankhaft übersteigert sein. In diesem Fall spricht man von einer Angststörung, die sich in zahlreichen Facetten äußern kann.

Was ist Angst?

Als Angst werden verschiedene Gefühlsregungen bezeichnet, welche darauf zurückgehen, dass das Gefühlsleben verunsichert ist. Der deutsche Psychoanalytiker Fritz Riemann in vier verschiedene Typen einordnete: Er spricht von einem schizoiden, einem depressiven, einem zwanghaften und einem hysterischen Persönlichkeitstyp, die er mit verschiedenen Grundängsten verbindet. Nämlich mit der

  • – Angst vor Veränderung
  • – Angst vor der Endgültigkeit
  • – Angst vor Selbstwerdung

und

  • – Angst vor Endgültigkeit

Der Psychologe Siegbert A. Warwitz hat die verschiedenen Erscheinungsformen von Angst näher eingegrenzt und das Spektrum erweitert. Seiner Meinung nach reicht das Spektrum der Angst von Unsicherheiten wie Scheu oder Zaghaftigkeit über Zwänge wie Esszwang und Furcht bis hin zu Paniken. Diese Unterscheidung wird allerdings nur aus fachlicher Sicht getroffen. In der Allgemeinheit werden viele dieser Emotionen nicht mit Angst in Verbindung gebracht, sondern beispielsweise als Misstrauen oder Scham betrachtet.

Allerdings ist die Angst nicht grundsätzlich als negativ zu betrachten. Denn mit Hilfe von Angst werden durchaus auch lustvolle Erfahrungen gemacht, beispielsweise bei einer rasanten Fahrt mit der Achterbahn. Die Betroffenen steigern damit gewissermaßen ihr Lebensgefühl.

Welche Funktion hat die Angst?

Geschichtlich betrachtet hat die Emotion der Angst eine wichtige Funktion für den Menschen: Hierbei handelt es sich nämlich um einen wichtigen Schutzmechanismus, der das Überleben des Menschen in der Vergangenheit sicherte. Der Grund: In vermeintlichen oder tatsächlichen Gefahrensituationen leitet die Angst ein entsprechendes Verhalten ein: Der Mensch kämpft oder flieht.

Die Voraussetzung dafür, dass dieser Mechanismus auch funktioniert, besteht darin, dass die Angst das menschliche Handeln nicht blockiert oder Risiken und Gefahren ausgeblendet werden. Dass die Emotion der Angst beim Menschen sehr empfindlich eingestellt ist, hat aber auch einen guten Grund. Denn der Aufwand an Energie für eine Flucht ist äußerst gering. Wird eine Bedrohung übersehen, kann das hingegen äußerst gravierende Auswirkungen haben. Es ist also durchaus möglich, dass das Gehirn Fehlalarme auslöst.

Die körperlichen Reaktionen der Angst

Das Gefühl der Angst geht mit einer Vielzahl von körperlichen Reaktionen einher. Dazu gehört ein erhöhtes Aufmerksamkeitslevel mit geweiteten Pupillen und empfindlicheren Hörnerven. Auch die Reaktionsgeschwindigkeit sowie die Muskelanspannung ist erhöht, ebenso wie der Blutdruck und die Herzfrequenz. Des weiteren lassen sich Reaktionen wie Zittern, ein Schwindelgefühl und Schwitzen beobachten. In einigen Fällen kann es auch zu Atemnot und Übelkeit kommen.

Wenn der Mensch Angst lernt

Eine gewisse Angstdisposition ist bei jedem Menschen von Geburt aus vorhanden. Allerdings lässt sich diese bereits im Alter von Kleinkindern durch Lernen verändern. Es ist also grundsätzlich möglich, Ängste zu erlernen, aber auch zu verlernen, wobei es eine wichtige Rolle spielt, um welche Form der Angst es sich handelt. Das gilt auch für die Behandlung verschiedener Angststörungen. Hier macht es sehr wohl einen großen Unterschied, ob es sich um Furcht, eine Phobie, Ängste oder gar Panikattacken handelt.

Das Erlernen von Ängsten hat aber auch einige gute Gründe. So bringt es dem Menschen an sich einen evolutionären Vorteil, wenn im Gehirn Gefahrensignale gespeichert werden. Die Betroffenen verbinden also bestimmte Reizsignale mit den entsprechenden Konsequenzen. Dieser Lernprozess ist auf verschiedene Arten möglich. So können Ängste durch die eigene Erfahrung ebenso erlernt werden wie durch das Beobachten des Verhaltens anderer oder Warnhinweise.

Wie entsteht eine Angststörung?

Der US-amerikanische Psychologe Orval Hobart Mowrer hat zum Entstehen der Angst eine sogenannte Zwei-Fakten-Therorie entwickelt. Seiner Meinung nach entsteht Angst einerseits durch klassische Konditionierung. Das heißt: Ein eigentlich neutraler Reiz wird dadurch zu einem konditionierten Angstreiz, dass zeitgleich Angstreaktionen auftreten. Des weiteren nennt er die sogenannte operante Konditionierung. Die Betroffenen vermeiden also den konditionierten Angstreiz, wodurch ihre Erwartungshaltung und das Vermeidungsverhalten verstärkt werden.

Es lässt sich aber auch feststellen, dass einige Ängste wie etwa die Angst vor Spinnen leichter erlernt werden wie andere. Diese Ängste sind nach Meinung des US-amerikanischen Psychologen Martin Seligman gewissermaßen biologisch vorbereitet, die Angst vor neuzeitlichen Gefahrenquellen wie etwa Schusswaffen hingegen nicht.

Die Angst aus der Sicht der Psychoanalyse

Siegmund Freud, der Vater der Psychoanalyse, unterschied drei wesentliche Formen von Angst: Seiner Meinung nach stellt sich die sogenannte Realangst ein, wenn tatsächlich eine äußere Bedrohung existiert. In welchem Ausmaß sich diese Angst äußert, hängt von verschiedenen Faktoren wie beispielsweise der persönlichen Widerstandskraft oder der Reaktionsbereitschaft des Betroffenen ab.

Eine neurotische Angst tritt nach Freud auf, wenn der Mensch Gefahr läuft, von seinen Triebansprüchen überwältigt zu werden. Des weiteren nennt Freud die moralische Angst, welche Auftritt, nachdem Tabus oder Regeln verletzt wurden. Diese Form der Angst geht mit Schuldgefühlen oder Scham einher. Allerdings ist der Mensch diesen Ängsten nicht hilflos ausgeliefert, sondern hat einige Abwehrmechanismen dagegen.

Warum Angst in der Gesellschaft eine große Rolle spielt

Verschiedene Soziologen wie etwa Zygmunt Bauman oder Ulrich Beck bezeichnen die westlichen Gesellschaften der vergangenen Jahrzehnte als Angstgesellschaften. Ihrer Meinung nach sprechen vor allem drei Argumente dafür: So würde die Zahl an konkreten Bedrohungen zunehmen. Gemeint sind damit neben Pandemien auch Terrorismus sowie technische Risiken wie die zunehmende Umweltverschmutzung und die nukleare Bedrohung. Ein weiterer Faktor besteht darin, dass die Welt immer unübersichtlicher wird. Und schließlich entwickelt die Angst auch eine Art von Eigendynamik. Bestehende Ängste weiten sich also zunehmend auf weitere Bereiche aus.

Weitere Hintergründe zur Angst

Auch die Soziologie beschäftigt sich intensiv mit dem Thema Angst und hat einige Erklärungsversuche, wie Angst entsteht. So halten einige Soziologen Machtdefizite als Ursache für Angst, während andere soziale Regeln dafür verantwortlich machen.

Wie äußert sich Angstverhalten?

Wie ein Mensch im individuellen Fall mit Angst umgeht, hängt einerseits davon ab, welches Risikomanagement er gelernt hat, andererseits aber auch von seiner Gefühlsstruktur. Die Verhaltensmuster eines Menschen im Angstzustand müssen nicht stabil sein, sondern können auch von Situation zu Situation variieren. Zu den typischen und weit verbreiteten Verhaltensmustern gehören das Vermeidungsverhalten, das Bagatellisierungsverhalten und das Verdrängungsverhalten. Ersteres bedeutet, dass die Betroffenen versuchen, jenen Situationen, die Angst erzeugen, auszuweichen. Wer zu Verdrängungsverhalten neigt, unterdrückt seine Angstgefühle und wer die Ängste bagatellisiert, empfindet diese als peinlich, weshalb er sie auch vor anderen verbirgt. Folge uns auf Instagram. 

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