Borderline- Ein Leben am Limit.
Bei der Borderline-Störung handelt es sich um eine psychische Erkrankung, welche äußerst schwierig zu therapieren ist und welche die Betroffenen in aller Regel ihr ganzes Leben lang verfolgt. Charakteristisch für Menschen, die unter der Borderline-Störung leiden, ist Impulsivität, rasche Stimmungswechsel und instabile Beziehungen. Erschwerend hinzu kommt, dass ihre Selbstwahrnehmung gestört ist, was sich auch negativ auf das Selbstbild auswirkt. Weil Borderliner oft zu paradoxen Handlungen neigen, leiden nicht nur sie selber, sondern auch ihr persönliches Umfeld unter der Problematik.
Woher stammt der Begriff Borderline?
Der Begriff für diese psychische Störung leitet sich vom englischen Wort Borderland, zu Deutsch Grenzland ab. Erstmals beschrieb Charles H. Hughes 1884 diesen Bereich zwischen psychischer Krankheit und Gesundheit. Näher definiert wurden die Merkmale der Borderline-Störung 1938 von Adolph Stern. Allerdings galt in jener Zeit auch noch ein etwas anderes Verständnis von psychischen Erkrankungen: Hier galt der Grundsatz, dass jede Erkrankung, die sich analysieren lasse auch behandeln ließe. Borderline wurde also im Grenzbereich zwischen einer Psychose und einer Neurose eingeordnet.
Darum lässt sich Borderline schwer erkennen
Selbst erfahrene Fachärzte können eine Borderline-Störung in der alltäglichen Praxis nur schwer erkennen. Der Grund dafür liegt darin, dass bei den Betroffenen oft andere Beschwerden wie Depressionen, psychosomatische Beschwerden oder Ängste im Vordergrund stehen. Erschwerend kommt hinzu, dass mit der Borderline-Störung vielfach auch andere Persönlichkeitsstörungen hinzu kommen. Auch weitere Begleiterscheinungen wie eine posttraumatische Belastungsstörung, Panikstörungen oder Suchterkrankungen sind möglich. Eine Diagnose ist also ausschließlich nach einer umfangreichen Anamnese möglich.
Wie weit ist die Borderline-Störung verbreitet?
Wie in einer US-amerikanischen Studie herausgefunden wurde, leiden etwa 5,9 Prozent aller Menschen an einer Borderline-Störung, wobei der Anteil der Frauen mit 6,2 Prozent etwas höher ist als jener der Männer mit 5,6 Prozent.
Die Symptome von Borderline
Am deutlichsten lässt sich eine Borderline-Störung durch Probleme im zwischenmenschlichen Bereich feststellen. Dabei haben die Betroffenen oftmals Probleme, gefühlsmäßig neutrale Situationen richtig einzuschätzen, sie fühlen sich bei einer völlig normalen sozialen Beteiligung zurückgewiesen und haben Probleme damit, den sozialen Umgang nach einer Enttäuschung wieder herzustellen.
- Darüber hinaus haben Borderliner ein Problem damit, die Gefühle anderer Menschen zu registrieren. Sie reagieren öfter negativ und verärgert und machen sehr leicht negative Gefühle bei anderen Menschen aus.
- Dennoch haben Borderliner eine massive Angst davor, von anderen möglicherweise zurückgewiesen zu werden. Diese Angst ist bei Borderlinern sogar noch stärker ausgeprägt, als bei Patienten, die unter einer sozialen Phobie leiden.
Weitere Symptome von Borderline-S
Des weiteren haben Borderline-Patienten einen Hang zu verschiedenen Dissoziationen wie etwa einem verzerrten Zeitgefühl oder eine Störung in ihrer Selbstwahrnehmung. Nicht minder groß ist der Hang zu Selbstverletzungen. Typisch dafür sind etwa die Ritzungen an den Unterarmen. Das heißt: Die Betroffenen ritzen sich mit einem Messer die Haut auf, einfach, weil sie ihren Körper spüren möchten. Hinterher schämen sie sich für diese Tat und verstecken die Spuren ihres Handelns beispielsweise damit, dass sie auch im Hochsommer langärmelige Kleidung tragen.
Krankheiten, die mit Borderline einhergehen
In vielen Fällen tritt die Borderline-Symptomatik in Verbindung mit anderen psychischen Erkrankungen auf. Zu den typischen Begleiterkrankungen gehören Depressionen sowie ADHS. Zwar überlappen sich die Krankheitsbilder teilweise, jedoch sollten dies strikt getrennt werden, auch wenn sie gemeinsam auftreten.
Allerdings gibt es bezüglich der begleitenden Störungen auch Geschlechterunterschiede. So sind Essstörungen oder posttraumatische Belastungsstörungen häufiger, während bei Männern häufiger Suchtmittelmissbrauch, eine antisoziale Persönlichkeitsstörung oder eine narzisstische Persönlichkeitsstörung feststellbar ist.
Welche Ursachen hat Borderline?
Welche Ursachen das Borderline-Syndrom hat, ist bislang nicht restlos geklärt. Allerdings können verschiedene Faktoren zum Entstehen beitragen. In der Forschung geht man aktuell davon aus, dass wohl mehrere Faktoren zusammenspielen. Dazu gehören folgende:
- – Zu einem Gutteil dürfte Borderline wohl genetisch bedingt sein, wobei bislang nicht geklärt ist, welche Gene dabei eine Rolle spielen.
- – Eine nicht minder wichtige Rolle spielen Umwelteinflüsse. So hat sich in einer Studie in den 1990er Jahre gezeigt, dass Borderline umso wahrscheinlicher Auftritt, je öfter es zu einem Streit zwischen den Eltern kommt.
- – Wie Untersuchungen von Gehirnscans gezeigt haben, ist bei Borderline-Patienten eine Unterfunktion im Präfrontalen Cortex gegeben.
Wie wird Borderline behandelt?
Üblicherweise wird Borderline im Rahmen von Psychotherapie behandelt. Dabei hat sich erwiesen, dass neben psychodynamischen Verfahren vor allem die dialektisch-behaviorale Therapie effektiver ist als andere Verfahren. Ein Grund dafür besteht darin, dass hinter der Borderline-Problematik oftmals traumatische Erlebnisse in der Kindheit stecken, die häufig mit einer posttraumatischen Belastungssymptomatik einher gehen. Unter Umständen ist es also angeraten, neben der eigentlichen Psychotherapie zusätzlich auch eine Traumatherapie durchzuführen.
Beim psychodynamischen Verfahren wird nach den Prinzipien von Anthony W. Batean und Peter Fonagy gearbeitet. Bei diesem Verfahren geht es darum, die Mentalisierungsfähigkeit des Patienten zu verbessern. Daneben gibt es weitere Formen der psychodynamischen Therapie, etwa die übertragungs-zentrierte Therapie, die auf den Theorien von Otto F. Kernberg, Frank E. Yoamans und John F. Clarkin beruht. Eine weitere Möglichkeit ist die klärungsorientierte Psychotherapie, die auf Rainer Sachse zurück geht..
In der Verhaltenstherapie wird bei Borderline-Patienten unter anderem die kognitive Umstrukturierung eingesetzt. Der Therapeut versucht dabei, ein Umdenken des Patienten zu bewirken.
Auch die sogenannte Psychoedukation wird bei der Behandlung von Borderline-Patienten genutzt. Dabei werden einerseits die betroffenen Patienten aufgeklärt, andererseits werden aber auch die Angehörigen eingebunden. Dies hat zum Ziel, dass die Betroffenen sowie die Angehörigen die Krankheit besser verstehen und auch damit umgehen können.
Der Verlauf der Krankheit
Sehr oft lässt sich feststellen, dass die Symptome im Lauf von mehreren Jahren schwächer werden oder sogar zurückgehen. Wie eine Studie aus den USA ergab, ist dabei auch die Zahl der Rückfälle äußerst gering, wobei auch die Zahl der Rückfälle im Lauf der Zeit abnimmt.
Helfen Medikamente gegen Borderline?
Medikamente haben beim Problem Borderline eine äußerst unbefriedigende Wirkung, wie eine Übersichtsstudie aus dem Jahr 2014 ergeben hat, die damit zum selben Schluss gekommen ist wie eine Metaanalyse vier Jahre zuvor. Das britische National Institute for Health and Care Excellence hatte deshalb bereits 2009 empfohlen, dass für die Behandlung von Borderline keinerlei Medikamente eingesetzt werden sollten, auch wenn es um die Abschwächung von einzelnen Symptomen geht. Bei den genannten Begleiterkrankungen wie Depressionen spricht nach Meinung der britischen Gesundheitsexperten aber nichts dagegen, dass diese mit Medikamenten behandelt werden. Hier bekommst Du meinen Ratgeber (Buch)