Mein Ex und das Drama mit ihm.
Ich bin ein sehr hilfsbereiter Mensch. Mein Herz schlägt dafür, anderen nah zu sein, auch wenn es ihnen schlecht geht. Oder besser gesagt, gerade dann. Ich habe das immer an mir gemocht und meine Freunde schätzten mich sehr dafür. Ich war jemand, auf den man sich verlassen konnte und der authentisch da war, wenn man ihn brauchte.
Mein Ex und sein Drama
So war es auch mit meinem Ex. Heute frage ich mich manchmal, ob er nach so jemandem, wie mir Ausschau gehalten hat. Jemand, der seine Wunden leckte und ihn hochhob, wenn er selbst keine Kraft hatte.
Schon bald stellte sich heraus, dass er mehr Probleme zu haben schien, als die meisten Menschen. Er fiel regelmäßig in sein „dunkles Loch“ und hatte nicht viel Energie, da alleine wieder hinaus zu kommen. Er hatte Schwierigkeiten sein Leben auf die Reihe zu bekommen, stand morgens oft nicht pünktlich auf und verlor so einige Jobs. Geld war bei ihm stets Mangelware und er konnte auch nicht gut damit umgehen. Er zog sich viel zurück und ihm viel der Umgang mit anderen schwer, weshalb er nicht viele Freunde hatte.
Ich wollte ihn retten – koste es was es wolle
Ich war sein einziger Halt und das war lange okay für mich. Ich hatte Mitleid mit ihm. Und ich liebte ihn. Ich wollte, dass es ihm gut geht und tat alles, um ihn zu unterstützen. Ich half ihm oft Jobs zu finden, suchte für ihn eine neue Wohnung, als er sich die alte nicht mehr leisten konnte und half ihm beim Umzug. Ich klingelte ihn morgens wach und versuchte ihn dazu zu bringen, dass er nicht wieder zu spät kam. Ich unterstütze ihn bei Vorstellungsgesprächen, fuhr ihn hin und baute ihn davor auf. Ich war für ihn da, wenn ihn die Dunkelheit zu verschlingen drohte und hielt seine Hand, wenn alles in seinem Leben wieder einmal schief lief.
Es dauerte nicht lange und ich war vollkommen am Ende. Ich hatte alle meine Energie, Zeit, Liebe und Geld in ihn gesteckt und es war einfach zu viel für eine Person. Zu viel für mich. Aber das sah ich nicht oder besser: wollte es einfach nicht wahrhaben. Er war mein Freund und ich würde ihn nie aufgeben. Ich wusste, dass mehr in ihm steckte und ich war bereit alles zu geben, um ihm das zu zeigen. Für sein persönliches Glück war ich bereit, meins aufzugeben.
Ich vernachlässigte mich in dieser Zeit viel und tat weniger mit meinen Freunden. Für meine Hobbies hatte ich auch kaum noch Zeit und meine Ziele, die ich einmal ehrgeizig verfolgt hatte, stellte ich bis auf weiteres zurück. Er war jetzt wichtiger, sagte ich mir. Er brauchte mich und ich war immer für ihn da.
Endlich erfolgreich
Irgendwann trug meine Arbeit Früchte und sein Leben bekam tatsächlich Aufwind. Er bekam seine Depression in den Griff und ergatterte, nach seinem letzten Rausschmiss, tatsächlich einen guten Job. Er schaffte es regelmäßiger aufzustehen und fühlte sich auf der Arbeit wohl. Ich freute mich so für ihn. Endlich bekam er, was er verdiente, dachte ich bei mir.
Er hatte nun ein regelmäßiges Einkommen, konnte sich mehr leisten und Geld war kein Problem mehr für ihn. Auch mit seinen Kollegen verstand er sich gut und unternahm nun regelmäßig auch außerhalb der Arbeit etwas mit ihnen. Ich freute mich darüber, bemerkte aber auch, dass unsere Zeit immer mehr auf der Strecke blieb.
Sein wahres Gesicht
Anfangs machte mir das nichts aus. Ich sagte mir, dass er das jetzt brauche und dass es ihm gut tun würde. Ich verstand, wenn er unsere abendlichen Treffen kurzfristig absagte, um sich noch mit Kollegen auf ein Bier zu treffen. Ich sagte nichts, als unser geplanter Urlaub flach fiel, weil ein Geschäftstermin dazwischen gekommen war. Ich schluckte meine Enttäuschung herunter, als er wieder einmal keine Lust hatte, etwas zu unternehmen – schon das zweite Mal diese Woche.
Irgendwann wurde es zu viel! Wir hatten uns schon seit Wochen nicht gesehen. Immer sagte er ab und war kaum noch zu erreichen. Während er sich früher mehrmals täglich bei mir gemeldet hatte, antwortete er mittlerweile manchmal tagelang nicht auf eine Nachricht von mir. Ich sprach ihn darauf an und es stellte sich heraus, dass sein Interesse an der Beziehung beträchtlich nachgelassen hatte. Er sah nicht mal mehr einen Grund, sie überhaupt noch aufrecht zu erhalten.
Und ich?
Ich war am Boden zerstört. Hatte ich nicht alles gegeben um ihn dahin zu bringen, wo er heute war? Hatte er das einfach vergessen? Hatte er mich gar nicht geliebt, sondern nur ausgenutzt? Hatte er nur jemanden gebraucht, der ihm die Tränen trocknete, seine Hand hielt, wenn es ihm schlecht ging, jemand, der ihn aufbaute? War das alles?!
Er schien mich jetzt, wo er erfolgreich war nicht mehr zu brauchen. Wie einen benutzten Kaugummi spuckte er mich aus und ließ mich ausgelutscht liegen.
Ich brauchte eine Ewigkeit mir meine Kraft und Lebensfreude wieder zurückzuholen. Ich hatte so viel gegeben und nichts zurückbekommen, außer Probleme und eine Riesenenttäuschung.
Aber eines habe ich gelernt, heute bin ich aufmerksamer, bei der Wahl meines Freundes. Ich schaue nach mir und vernachlässige meine Freunde und Hobbies nicht. Ich bin für ihn da, aber er sollte es auch für mich sein. Und ich suche mir jemanden, der seine Probleme selber löst und nicht von mir erwartet, der Retter seiner Welt zu sein.